42nd Street: Stepptanz in Perfektion

Nach der Ouvertüre hebt sich der rote Vorhang im Theatre Royal Drury Lane nur ein Stück und gibt den Blick frei auf das, was den Zuschauer von 42nd Street im Londoner Westend erwartet: Stepptanz in Perfektion. In gerader Linie und rhythmischem Gleichklang wirbeln und steppen die Füße der mehr als 50 Cast-Mitglieder über die Bühnenbretter. Der Vorhang öffnet sich ganz und man ist mittendrin: im Casting zu „Pretty Lady“ und in der Geschichte von 42nd Street.

Einfache Story, großartige Choreographien

Dabei ist die Geschichte des auf dem gleichnamigen Film aus dem Jahre 1933 basierenden Musicals so einfach, wie die Choreographien und Kostüme großartig sind. USA, 1932: Auf dem Höhepunkt der Depression soll die Uraufführung des Musicals „Pretty Lady“ein Hit werden und Geld in die Kassen der Produzenten Jones und Barry spülen sowie Regisseur Julian Marsh nach dem Börsencrash einen großen Hit bescheren. Als Kassenmagnet wird  die – für die Hauptrolle eigentlich zu alte – Diva Dorothy Brock engagiert, deren „Sugar-Daddy“ Abner Dillon das Projekt praktischerweise finanziert. Kurz vor der Premiere verletzt sich die Hauptdarstellerin am Knöchel und Nachwuchstänzerin Peggy Sawyer rückt aus dem Ensemble ins Rampenlicht und rettet die Show. „You are going out there a youngster but you´ve got to come back a star“ gibt ihr der Regisseur noch mit auf den Weg.

Tanz in Perfektion

Clare Halse ist eine optimistische, leicht naive und natürliche Peggy Sawyer mit dem richtigen Gespür für die komischen Momente ihrer Rolle. An ihrer Seite gibt Stuart Neal Billy Lawyor, den Pretty Lady-Hauptdarsteller, der Peggy zu einem Platz im Ensemble verhilft. Beide tanzen fantastisch, bewegen sich präzise und schnell und harmonieren perfekt. Die zweifache Grammy-Gewinnerin Sheena Easton gibt als Dorothy Brock ihr Westend-Debüt und gefällt darstellerisch und gesanglich. Wann immer sie die Bühne betritt, beherrscht sie diese mit überzeugenden Diva-Allüren und kraftvoller Stimme, die insbesondere „Boulevard of broken Dreams“ hörenswert macht. Tom Lister singt mit „Lullaby of Broadway“ einen der bekannten Songs des Stücks und lässt als strenger, anspruchsvoller Regisseur Julian Marsh immer wieder auch dessen weiche, liebenswerte Seite durchblicken. Für die komödiantischen Momente sorgen in erster Linie Christopher Howell und Jasna Ivir als Producer-Duo Bert Barry und Maggie Jones.

Das Ensemble ist der Star

Wahrer Star des Revivals von 42nd Street, das 1980 am Broadway Premiere feierte und erstmals 1984 im Westend gespielt wurde, ist jedoch das Ensemble. In der Inszenierung von Mark Bramble reiht sich eine eindrucksvolle Ensembleszene an die nächste (Trailer). Die Darsteller bringen in glitzernd-glamourösen Kleidern oder glänzendem Frack die anspruchsvollen Choreographien von Randy Skinner präzise, schnell und mitreißend auf die Bühne. Jeder Schritt, jeder Tap, jede Drehung sitzt und die schnellen Stepptanz-Rhythmen erfüllen das Theater.

Glitzernd-glamouröses Finale

Das Bühnenbild ist stimmig: In den Probeszenen zurückhaltend, in den Showszenen glamourös. Wenn bei „We´re in the Money“ riesige Dollar vor einem diamantenbesetzten Hintergrund auf die Bühne gerollt und als Tanzfläche genutzt werden, steht das im direkten Gegensatz zum Ausgangspunkt des Songs, bei dem vier einfache Straßenkids einen Penny finden. Eindrucksvoll umgesetzt, ist auch die Szene, in der mit Hilfe eines riesigen schräg gestellten Spiegels die Chroeographie der auf dem Boden liegenden Tänzerinnen zu „Keep young and beautiful“ für den Zuschauer sichtbar wird. Und wenn in der finalen Szene die 42nd Street (Fotos: Brinkhoff & Moerenburg) besungen wird, Stepptanzkunst, Gesang und Kostüme auf den von Theater-Leuchtreklamen umgebenen Stufen zusammenkommen, dann ist das der krönende Abschluss eines mitreißenden Theaterabends, der den Zuschauer mit so manchem Ohrwurm aus dem Theater gehen lässt.

Weitere Informationen zu 42nd Street in London gibt es hier.