Bestens besetzt: „Die Päpstin“ in Stuttgart

Seit seiner Uraufführung 2011 in Fulda ist das Musical „Die Päpstin“ ein Publikumsmagnet – und das nicht nur beim Musicalsommer in Hessen. Seit 2017 war das Stück in einer Neu-Inszenierung von Benjamin Sahler auch in Füssen, in Neunkirchen und im Theaterhaus Stuttgart zu sehen. In diese Spielspätte kehrte die Geschichte auch diesen Sommer zurück. Bis zum 1. September wurde „Die Päpstin“ in den ehemaligen Rheinstalhallen gezeigt – und begeisterte dort in erster Linie mit einer hochkarätigen Darstellerriege.

Figurenentwicklung im Fokus

Das Bühnenbild ist spärlich, nahezu karg. Ob Lehmhütte oder Papstpalast, die Straßen Roms oder Kloster – die Kulissen, in denen sich die Geschichte von dem aufgeweckten Mädchen Johanna abspielt, das ihrer Zeit und ihrer Herkunft zum Trotz als Frau den Papstthron besteigt, werden größtenteils nur angedeutet. Hohe bewegliche Holzkonstruktionen schieben sich zu einem Gerüst zusammen, einfache, dunkle Holzkisten dienen mal als Sitzgelegenheiten, mal werden sie zum Papstthron zusammengestapelt. Ein stimmiges Lichtdesign und der Einsatz der Nebelmaschine sorgen für Atmosphäre. Diese sehr zurückgenommenen Kulissen lenken den Fokus auf die Figuren, deren Charaktere Bemjamin Sahlers Inszenierung eindringlich herausarbeitet. Möglich machen das die Darsteller/innen, die es verstehen, die Zuschauer mit ihrem intensivem Spiel und größtenteils überzeugendem Gesang in die Zeit des Mittelalters und die Welt der Päpstin mitzunehmen.

Sandy Mölling als Päpstin Johanna

Ein großer Pluspunkt der Besetzung ist Sandy Mölling als Päpstin Johanna. Die ehemalige No Angels-Sängerin, die vom Popgeschäft in die Musicalbranche wechselte, kann auf ganzer Linie überzeugen. Gesanglich und darstellerisch gleichermaßen stark, zeichnet sie die Entwicklung von der jungen wissbegierigen Frau, deren Talente in ihrer Zeit nichts wert sind, zur selbstbewussten, einflussreichen Päpstin glaubhaft nach. Dass ihr Solo „Das bin ich“ nach der Papstwahl nicht wirklich zu einem emotionalen Höhepunkt werden kann, liegt einzig an der etwas belanglosen und zugleich störend wirkenden Choreographie. Diese lenkt ab, verbirgt die Hauptdarstellerin stellenweise sogar und nimmt der Szene ein großes Stück ihrer Intensität.

Starke Darstellerrriege

Johannas egonzentrischer, machtgieriger Gegenspieler Anastasius wurde in der besuchten Vorstellung von David Jakobs dargestellt. Eindrucksvoll und mit starker Stimme zeichnet er den Weg des Mannes nach, der von der unsicheren Marionette des Vaters zum arroganten, von Neid zerfressenen Intriganten und schließlich zum skrupellosen (Vater-)Mörder wird – und trotz allem scheitert. Jan Ammann als Gerold gefällt mit natürlichem Spiel, kraftvollen Gesang und starker Bühnenpräsenz. Mit seiner rockigen Interpretation von „Wechselbalg“ bleibt Hannes Staffler als Johannas verblendeter Vater in Erinnerung. Und Uwe Kröger führt darstellerisch souverän als väterlicher Freund der Päpstin, Aeskulapius, durch das Stück. Nur einen kurzen Auftritt hat Chris Murray als Ordensbruder Rabanus. Dieser wird jedoch zu einem Höhepunkt der Vorstellung. Murray versteht es, aus der kleinen Rolle alles herauszuholen und erntet für seine Interpretation von „Hinter hohen Klostermauern“ begeisterten Applaus und Jubelrufe vom Publikum.

Weniger ist mehr

Wirkungsvoll gelingt zudem die Darstellung der Raben durch die Vertikaltuchakrobatinnen Vera Horn und Julia Sophie Ladner. Die Beschützer Johannas lenken mit ihren Auftritten zudem oftmals geschickt von den vielen – teilweise recht langen- Umbauten ab. Ein kleiner Schwachpunkt ist die Choreographie (Stefanie Gröning). Zu oft fügt sich diese nicht in das Gesamtbild ein, wirkt hektisch und in macher Szene sogar störend. Auch hier hätte weniger mehr sein können. Denn diese reduzierte Inszenierung des Musicals, die sich deutlich von der Fuldaer Originalfassung abhebt, weiß ebenfalls zu überzeugen und wird in Stuttgart mit Standing Ovations des Publikums gefeiert.

Nach dem Gastspiel im Theaterhaus kehrt „Die Päpstin“ Ende November ins Ludwigs Festspielhaus in Füssen zurück. Weitere Informationen gibt es hier.