Das Boot als Kammerspiel

Der Film ist weltbekannt: „Das Boot“ nach dem Roman von Lothar-Günther Buchheim wurde 1981 mit Jürgen Prochnow, Herbert Grönemeyer, Martin Semmelrogge und Heinz Hoenig in den Hauptrollen ein internationaler Erfolg. Die Bühnenfassung von Kjetil Bang-Hansen über die tragische Fahrt von U96 im Zweiten Weltkrieg war am 9. und 10. Februar in einer Inszenierung des a.gon Theater München im Saalbau Witten zu sehen. In der Hauptrolle des „Alten“: Hardy Krüger jr.

Unterwegs im „eisernen Sarg“

1941. Mitten im Zweiten Weltkrieg. Deutsche U-Boote haben die Aufgabe, Handelsschiffe im Atlantik zu versenken, die England mit kriegswichtigen Gütern versorgen. Immer mehr deutsche U-Boote werden auf diesen Fahrten von gegernischen Zerstörern aufgehalten. Immer mehr U-Boot-Fahrer sterben in den „eisernen Särgen“. Und immer jünger werden darum die „Männer“ an Bord der Schiffe. Auch Kaleu, Kapitän von U96, bricht zum Großteil mit einer Mannschaft von „verdammten Rotznasen“ zur Fahrt im Atlantik auf. Mit an Bord: Kriegsberichterstatter Leutnant Werner (eindringlich und überzeugend: Marco Michel). Er wird für die Zuschauer zum Erzähler, nimmt sie mit in die Enge an Bord und in den Wahnsinn des Krieges.

Spiel auf engstem Raum

Kleine Kojen im Unteroffiziersdeck. Die Operationszentrale. Die Offiziersmesse. Eine schmale Leiter, die nach oben führt. Heraus, an Deck, wo die Wachposten Ausschau halten. In einem einzigen Bühnenbild, das das Bootsinnere im Längsschnitt zeigt, hat die bedrückend enge Welt der U-Boot-Mannschaft ihren Raum. Hier wird der Filmklassiker zum Kammerspiel (Foto: Marina Meisel). Hier bringt das neunköpfige Ensemble die Höllenfahrt eindringlich auf die Bühne. Und hier treffen auch die unterschiedlichsten Charaktere aufeinander: Der abgeklärte Kommandant Kaleu (etwas blass: Hardy Krüger jr.), dem der Irrsinn der Mission bewusst ist und der dennoch alles daran setzt, Boot und Mannschaft heil in den Heimathafen zu bringen. Der erste Wachoffizier (Alexander Mattheis), ein Nazi durch und durch. Der Bootsmann Lamprecht (Regisseur Johannes Pfeifer), erfahren und loyal, und fanatisch nur, wenn es um „seinen“ Verein Hertha geht. Der Leitende Ingenieur (Benedikt Zimmermann), der diese Fahrt sicher hinter sich bringen und zu Frau und Kind zurück möchte. Und der Fähnrich Ullrich (Lukas Leibe), jung, unerfahren und auf der Suche nach seinem Platz in der Mannschaft.

Warten zwischen Verzweiflung und Hoffnung

Sie alle sind in einer Ausnahmesituation gefangen, die sie an die Grenzen des Machbaren bringt. Sie warten. Zermürbend lang. Sie hoffen und bangen. Manche verzweifeln angesichts der Bedrohung durch Wasserbomben, Radar und dem eindringlich monotonen Ton des Sonars der feindlichen Zerstörer. Andere flüchten in scheinbare Normalität. Wenn Funker und Fähnrich in einer Szene Schiffe versenken spielen, um sich die Zeit zu vertreiben, ist das befremdlich, ja makaber. Wenn das Boot, nahezu mänoverunfähig, in den Tiefen der See auf Grund liegt, der Sauerstoff ebenso schwindet wie die Chance, wieder aufzutauchen, dann übertragen sich Ungewissheit und Grauen bis in den Zuschauersaal.

Das Boot funktioniert auch auf der Bühne

Lässt der Zuschauer die bekannten Filmszenen aus dem Kopf und sich auf die Bühnenfassung ein, dann funktioniert „Das Boot“ auch auf der Bühne. Vor allem aufgrund der eindrucksvollen, schauspielerischen Ensembleleistung, aus der insbesondere Marco Michel als Kriegsberichterstatter herausstach. Ihm, dem Erzähler, bleibt auch der letzte Satz: „Von den 40.000 U-Boot-Männern sind 30.000 im Atlantik geblieben. Über die Opfer der anderen Seite gibt es keine Zahlen.“