„Diese Energie ist einfach fantastisch.“

Femke Soetenga und Faye Bollheimer über die Zusammenarbeit in „Footloose“

Produktionen, die erfahrenen Profis und jungen Nachwuchstalenten eine Bühne geben – dafür steht das First Stage Theater in Hamburg. Wie erfolgreich dieses Konzept aufgeht, zeigt auch die Inszenierung, die aktuell in dem kleinen Theater in Hamburg-Altona zu sehen ist: „Footloose“, das als erstes Musical in Hamburg nach der Corona-Zwangspause Premiere feierte, überzeugt als energiegeladene Show und mit einer tollen Cast aus bekannten und neuen Gesichtern. Zu den „Neulingen“ zählt Faye Bollheimer, die im Frühjahr ihren Abschluss an der Stage School machte und direkt mit der Hauptrolle der Ariel Moore ins Berufsleben startete. Das kennt Femke Soetenga, die in Footloose Vi Moore spielt, bereits aus dem Effeff. Die Musicaldarstellerin, Sängerin und Schauspielerin zählt zu den festen Größen auf Bühnen im deutschsprachigen Raum. Beide haben sich Zeit für ein Interview mit Theaterliebe genommen und über ihre Zusammenarbeit, über Lampenfieber und neue Projekte gesprochen.

Femke Soetenga zählt zu den festen Größen auf Bühnen im deutschsprachigen Raum. Foto: Julian Freyberg

Nach anderthalb Jahren Corona-Pandemie kehrt so langsam auch in den Theatern wieder etwas Normalität ein. Wie war diese Rückkehr auf die Bühne?

Femke Soetenga: Ich hatte in dieser Corona-Zeit grundsätzlich nicht das Gefühl, dass ich raus war. Wir haben Konzerte gespielt – online und offline. Wir haben Stücke vorgeprobt, die wir zwar nicht spielen durften, aber die noch in diesem Jahr laufen werden. Im April habe ich bereits „Titanic“ in Schwerin gespielt, allerdings Open Air. Und ich habe ein Buch über mein Leben neben und auf der Bühne geschrieben. Ich habe also schon das Gefühl, dass ich viel machen konnte – wenn auch auf andere Art und Weise. Und ich bin mir bewusst, wie dankbar ich dafür sein darf.

Als wir jetzt offiziell auch im Theater wieder auf der Bühne stehen konnten, war es für mich kein so großer Umschwung. Was anders war: Wir durften wieder mit mehr Menschen in Kontakt sein. Das fand ich schön. In Schwerin war noch alles auf Distanz und mit Abstand inszeniert. Das hat schon eine andere Dynamik. Bei Footloose gab es mehr Normalität. Wir hatten keine Angst, uns zu berühren, zusammen in einem Raum zu sein. Und ja: Das habe ich vermisst. Ich bin einfach ein Menschen-Mensch. Sie lacht. 

Für dich, Faye, war es ja eigentlich keine Rückkehr, sondern der Start in dein Berufsleben. Du hast erst in diesem Jahr deine Ausbildung an der Stage School abgeschlossen.

Faye Bollheimer: Ja. Und dann kam Footloose. Sie lächelt. Nach unseren Prüfungen hatten wir die Auditions. Drei Tage lang. Das war schon sehr aufregend. Dann haben wir erfahren, mit wem wir spielen. Mit Femke. Mit Florian Soyka. Riccardo Greco. Kaatje Dierks. Die kennt man ja alle. Das war dann nochmal besonders aufregend. 

Faye Bollheimer startet mit der Rolle der Ariel Moore ins Berufsleben. Foto: Martin Edel

Wie war dann das erste Zusammentreffen? Wurde dir die Aufregung genommen

Femke Soetenga muss lachen. Faye Bollheimer schmunzelt.

Faye Bollheimer: Am Anfang war ich noch sehr unbeholfen. Aber ich glaube, das ist ganz normal, wenn man dann auch noch die meisten Szenen mit den „alten Hasen“ hat (Femke Soetenga und Florian Soyka spielen ihre Eltern, Riccardo – alternierend mit Marius Bingel – die Rolle des Ren McCormack. Anm. d. Redaktion). Mittlerweile hat sich das aber gelegt. Auch, weil ich mich mit allen dreien sehr, sehr gut verstehe. Das ist wirklich ein Glücksgriff und ein großes Privileg, mit ihnen spielen zu dürfen.

Foto: Dennis Mundkowski

Es ist ja auch das Konzept des First Stage, erfahrenen Darsteller:innen und jungen Talenten in gemeinsamen Produktionen wie Footloose eine Plattform zu geben. Wie erlebt ihr dieses Zusammenspiel?

Femke Soetenga: Ich finde die Energie, die die jungen Leute mitbringen, fantastisch. Das ist wirklich großartig. Sie möchten raus und sich dem Publikum in einer professionellen Produktion zeigen. Das spürt man.

Faye Bollheimer:  Für mich ist diese Zusammenarbeit etwas ganz Besonderes. Total aufregend. Und auch schön. Ich kann mir soviel von den – ich sag´ es jetzt einfach immer – „alten Hasen“ abgucken. Ich habe das Gefühl, nicht nur während des Probenprozesses eine Menge gelernt zu haben. Sondern auch abseits der Bühne. Wie man sich auf der Bühne verhält, zum Beispiel. Oder in einer schwierigen Situation innerhalb der Cast. Und manchmal gibt´s auch einen Schminktipp von Femke. Beide lachen. Man kann einfach in allen Bereichen lernen. 

Femke Soetenga: Mir wurde auch noch einmal deutlich, dass es etwas Besonderes ist, was wir machen. Machen dürfen. Zu Beginn der Proben hat unser Regisseur den „Neulingen“ alles sehr genau erklärt. Es ist ja ihre erste professionelle Produktion. Und da wurde auf viele Verhaltensweisen hingewiesen, die für mich selbstverständlich sind: Man lässt kein Textbuch über Nacht im Theater, zum Beispiel. Oder: Man stellt keinen Kaffeebecher auf die Bühne. Natürlich war ich auch mal an dem Punkt, an dem ich das nicht wusste. Ich kann mich nur nicht mehr daran erinnern. Mittlerweile hat man das im System. Und der Beruf ist – auf eine schöne, wirklich schöne Art – Alltag geworden. Doch jetzt nochmal bewusst vor Augen geführt zu bekommen, dass die Bühne quasi heilig ist. Dass man die nicht mit Jacke betritt und dass sie auch nicht jeder betreten kann und darf – das hat mich noch einmal erinnert, wie besonders unser Beruf ist.

Bekannte und neue Gesichter gehören zur Cast von Footloose. Foto: Dennis Mundkowski

Wie habt ihr denn die gemeinsame Premiere erlebt? War die Aufregung sehr groß oder hat die Erfahrung der Profis das Lampenfieber etwas gedämpft?

Femke Soetenga: Ich selbst bin bei Premieren nicht mehr wirklich aufgeregt. Natürlich ist das erste Mal etwas spannend. Aber aufgeregt? Nein. Es gibt einfach immer weniger, was man zum ersten Mal macht. Das bringt natürlich eine gewisse Ruhe rein. Wenn man sehr aufgeregt und nervös ist, gibt es so vieles, das einen ablenkt. Doch mit der Zeit weiß man: Es kommt auch die nächste Premiere, die nächste Vorstellung. Und ich weiß, was ich kann. Darin finde ich meine Ruhe. Aber ich glaube nicht, dass das auf Faye abgefärbt hat. Sie lacht herzlich.

Faye Bollheimer: Das stimmt. Vor der Premiere war ich sehr, sehr nervös. Das hat sich mittlerweile aber gelegt. Ruhe ist da ein gutes Stichwort. Ich bin ruhiger geworden, entspannter vor den Shows. Das kann natürlich auch mit den Kolleg:innen zu tun haben. Wenn Femke mir zum Beispiel sagt: Reg dich nicht darüber auf, was nicht geklappt hat. Morgen ist ein neuer Tag. Oder auch: Das war gar nicht so, wie du es empfunden hast. Mach dir da keinen Kopf. Das hilft. Ich bin zwar auch noch nicht sehr entspannt, aber auf jeden Fall ruhiger.

Als Mutter und Tochter steht ihr in Footloose ja oft zusammen auf der Bühne. Gibt es eine gemeinsame Szene, die ihr besonders mögt? 

Faye Bollheimer: Ich mag die Szene in der Town Hall. Da wehren sich die Frauen zum ersten Mal so richtig. Und Vi steht zum ersten Mal ihre Frau und spricht gegen ihren Mann. Ich als Tochter, die rebelliert und versucht, sich aus allen Zwängen zu lösen, finde das toll. Wir haben in der Szene zwar keinen Text miteinander, aber wir interagieren. Da passiert immer was ganz Schönes.

Femke Soetenga: Das stimmt. Für das Stück ist das eine schöne Szene, für beide Rollen. 

Foto: Dennis Mundkowski

Was mögt ihr an euren Rollen? Wo liegen vielleicht Herausforderungen?

Faye Bollheimer: Ariel hat zwei sehr dominante Seiten. Einmal ist sie rebellisch und auch, ja, lasziv. Und dann hat sie diese liebevolle Seite. Aber sie rebelliert – auf sehr zickige Art und Weise. Und diese Seite habe ich im Probenprozess erst sehr spät gefunden – und ausgelebt. Dann hatte ich die liebevolle Seite kurzfristig fast verloren. Dieses Gleichgewicht zwischen beidem zu finden und zu halten – das ist für mich schon eine Herausforderung. 

Femke Soetenga: Ich habe bei dieser Produktion doch etwas, was ich zum ersten Mal mache: Ich spiele zum ersten Mal eine Mutter. Und Vi ist eine sehr liebevolle Person, die vom Anfang bis zum Ende des Stücks immer selbstständiger wird. Was ich an mir und auch aus meinem Leben und Umfeld nicht so kenne, ist, dass man so „kuscht“. Dass Vi schweigt, wenn der Mann sagt: Hör´ auf zu sprechen. Um diese Seite zu finden, musste ich ein bisschen suchen. 

Femke Soetenga und Florian Soyka als Vi und Shaw Moore. Foto: Dennis Mundkowski

Footloose ist noch bis Mitte Oktober im First Stage zu sehen. Was steht danach für euch an? 

Femke Soetenga:  Für mich geht Footloose schon ein wenig früher zu Ende. Ich habe Anfang Oktober meine letzte Show und Kaatje Dierks übernimmt für die letzten zwei Wochen. Ich gehe dann nach Bremerhaven, wo ich Florence Vassy in „Chess“ spiele. Da feiern wir Ende Oktober Premiere. Und dann steht die Produktion „A New York Christmas“ am Theater Nordhausen an.

Faye Bollheimer:  Nach „Footloose“ spiele ich Prinzessin Tausendschön in „Das singende, klingende Bäumchen“ am Boulevard Theater Dresden. Und danach geht es für mich auf Deutschlandtour – mehr darf ich leider noch nicht verraten. 

 

Weitere Infos zu Footloose im First Stage Theater gibt es hier. Eine Rezension zur Inszenierung findet ihr auf Theaterliebe.