Hairspray: Knallbunter Sixties-Spaß

Es glitzert und glänzt, es groovt und rockt, wenn Hairspray über die Dortmunder Bühne fegt. Das Musical um das tanzverrückte Teenagermädchen Tracy Trunblad  macht mit seiner Story, seinem Witz und seinem Musik-Mix aus Rock´n´Roll, Soul und Pop-Sounds der Sechziger einfach gute Laune – und regt doch zum Nachdenken an. Schließlich steckt hinter dem knallbunten Glitzerspaß ein – heute wie damals – wichtiger Aufruf für mehr Toleranz.

Großer Traum und großes Herz

Baltimore 1962: Tracy Turnblad ist ein pummeliger Teenager mit einer großen Frisur und einem großem Traum: Einmal in der Corny Collins Show zu tanzen. Jeden Tag stehen hier die angesagten Mädels und Jungs der Stadt im Schweinwerferlicht und zeigen die neuesten Tanzschritte. Aber: Tracy gehört nicht dazu. Wer dabei sein will, muss schlank, gut aussehend und weiß sein. Also verfolgt sie die Live-Sendung zu Hause vor dem Fernseher und himmelt ihren Schwarm und Star der Show, Link Larkin, an. Bis sich eines Tages die Möglichkeit zum Vortanzen ergibt. Tracy ergreift ihre Chance und sprengt mit ihrem großen Tanztalent und ihrem noch größeren Herzen die Grenzen des engstirnigen und diskriminierenden TV-Formats und der Gesellschaft, die dieses hervorgebracht hat.

Temporeiche Inszenierung mit nachdenklichen Zwischentönen

Regie und Choreographie liegen bei der Dortmunder Inszenierung in einer Hand: Melissa King inszeniert das Musical von Marc Shermain, Marc O´Donnell und Thomas Meehan temporeich und witzig ohne den Blick für die nachdenklichen Zwischentöne zu verlieren oder gar dem Klamauk zu verfallen. Die Tanzszenen sind einfallsreich und schwungvoll choreografiert. Das Bühnenbild (Knut Hetzer) lässt geschickt fließende Wechsel zwischen Tracys Zuhause und dem Fernsehstudio zu und schafft es auch, eine Knastszene bunt und gleichzeitig etwas bedrückend wirken zu lassen. Die Kostüme (Judith Peter) spiegeln die Sechziger farbenfroh, authentisch und nicht selten glamourös glitzernd wider. Zum Leben erwecken das Musical die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Philipp Armbruster und ein begeistertes Ensemble, das es am Premierenabend verstand, das Publikum von der ersten Minute an mitzureißen und beim Schlussapplaus in Sekunden von den Sitzen zu holen.

Hairspray mit Höhepunkten

Allen voran Marja Hennicke begeistert. Fast ständig auf der Bühne, trägt sie das Stück und füllt die Rolle der Tracy mit großer Natürlichkeit und großer Stimme aus. Ihre Tracy muss man einfach gern haben. So ist es auch nicht verwunderlich, dass Schnulzensänger Link Larkin (Jörn-Felix Alt) die offene und mutige Tracy der schönen, aber falschen und arroganten Amber von Tussle – herrlich biestig und intrigant gespielt von Marie-Anjes Lumpp – vorzieht. Jörn-Felix Alt gibt die Wandlung vom dauergrinsenden Fernsehschönling zum ehrlichen jungen Mann, der schließlich Rückgrat zeigt, glaubhaft und gesanglich überzeugend.

Gut harmonieren auch Annakathrin Naderer als Tracys Freundin Penny Pingleton und Michael B. Sattler als Seaweed, der tänzerisch eine besonders eindrucksvolle Leistung zeigt. Leicht und locker führt Morgan Moody als Corny Collins durch die Show, der stets bemüht ist, die festgefahrenen (Denk-)Muster der Fernsehmacher aufzubrechen. Mit starker Stimme und starker Ausstrahlung begeistert Deborah Woodson als Motormouth Maybelle, Sarah Schütz gibt die selbstverliebte und ehrgeizige Fernsehprdouzentin Velma von Tussle und Fritz Steinbauer bringt Tracys Vater Wilbur schön spleenig und warmherzig auf die Bühne. Seine bessere Hälfte Edna Turnblad spielt Kammersänger Hannes Brock mit dem richtigen Gespür für Komik, ohne die Figur zu überzeichnen. Die Spielfreude mit der Hannes Brock die Rolle in seiner letzten großen Musicalproduktion ausfüllt, ist in jeder Szene spürbar. Das Duett „Du bist zeitlos für mich“ mit Fritz Steinbauer wird so zu einem Höhepunkt, von denen die stimmige Dortmunder Inszenierung so einige bereit hält.

Fotos: Björn Hickmann

Bis Anfang Februar 2018 ist Hairspray noch in Dortmund zu sehen. Weitere Infos gibt es hier.