Kohlhiesels Töchter: Proben für die Uraufführung

Hallenberg. Das kleine Städtchen liegt tief im Hochsauerland. Wer hierhin möchte, lässt die letzte Autobahnabfahrt lange vor dem Ortseinfahrtschild hinter sich. Die Anfahrt mit dem Zug kann sich ziehen, der nächste größere Flughafen in Paderborn-Lippstadt ist mehr als eine Stunde entfernt. Trotzdem reisen jeden Sommer tausende Touristen und Kulturliebhaber nach Hallenberg – zur Freilichtbühne der Stadt. In diesem Sommer findet auf der traditionsreichen Amateurbühne eine Uraufführung statt: Am 16. Juni feiert die neue Musicalfassung von „Kohlhiesels Töchter“ in Hallenberg Premiere. Theaterliebe war bei den Proben dabei.

In Hallenberg zu Hause

„Für mich ist das hier das Schlaraffenland“, sagt Florian Hinxlage, während er auf der 90 Meter breiten Bühne steht, den Blick zum Zuschauerraum gerichtet, in dem bis zu 1.400 Besucher Platz finden. Seit 2018 ist der gebürtige Dinklager einen Großteil des Jahres auch in Hallenberg zu Hause – als Künstlerischer Leiter und Regisseur der Bühne. Seitdem hat er alles „ein wenig umgekrempelt“, wie er selbst sagt und der Bühne seinen eigenen Stempel aufgedrückt.

Neue Musik für Kohlhiesels Töchter

Mit Florian Hinxlage hat das Musical-Genre in Hallenberg Einzug gehalten. Hat die Amateurbühne seit ihrer Gründung 1946 eher Schauspiele und die bekannten Passionsspiele gezeigt, wird seit vergangenem Jahr in den Inszenierungen auch gesungen und getanzt. Den Anfang machte 2018 der Musical-Klassiker „My Fair Lady“. Zurzeit laufen die letzten Proben für die Uraufführung von „Kohlhiesels Töchter – Das Musical“, einem bekannten Schwank, der jetzt ein neues Gesicht und – vor allem – Musik bekommen hat.

Zum ersten Mal im Kostüm

Die Kulissen haben auf dem Gelände eines ehemaligen stillgelegten Steinbruchs Form angenommen. Zentrales Element ist die Gaststätte, in der sich die Lebens- und Liebesgeschichten von Kohlhiesels Töchtern Gretel und Liesl abspielen. Das obligatorische Hirschgeweih hängt an der Wand, die Leiter steht am Fenster, ein paar Stühle werden kurz vor Probenstart noch in Position gerückt. Während die Tontechniker im Hintergrund erste Musikstücke an- und abspielen, sammeln sich die 64 Darstellerinnen und Darsteller auf der Bühne – zum ersten Mal im Kostüm.

Erst Arbeitsalltag, dann Probe

Für sie ist der Probenbeginn am Abend das Ende eines normalen Arbeits-, Schul- oder Unialltags. Sie alle sind Amateure, für sie ist das Theater ein großes Hobby. Eine Leidenschaft, die viel Zeit und Einsatz fordert – und mit dem Wechsel ins „Musicalfach“ auch neue Anforderungen mit sich bringt. „Die Musik von Kohlhiesels Töchter ist anspruchsvoll, das ist für Amateure schon eine Herausforderung“, weiß der Regisseur, der selbst auch noch regelmäßig als Musical-Darsteller auf der Bühne steht. Mit dem Probenverlauf ist er bisher sehr zufrieden: „Alle sind über sich hinausgewachsen. Sie proben sehr intensiv, sehr hart und sehr lang.“

Neue Technik und altes Tunnelsystem

Auch an diesem Tag steht das Ensemble um 20 Uhr erst am Anfang eines langen Probenabends – und geht mit Choreographin Jessica Krüger einige Tanzszenen durch. Zeit für Florian Hinxlage, um sein „Schlaraffenland“ etwas näher vorzustellen: „Hier gibt es nichts, was es nicht gibt“, sagt er beim kurzen Rundgang über das Gelände begeistert. Von der Technik, die im vergangenen Jahr eine komplett neue Licht- und Tonanlage bekommen hat über ein Tunnelsystem unter der Bühne, Garagen mit in Eigenarbeit hergestellten Requisiten bis hin zum Kostümfundus. „Hier kann ich aus dem Vollen schöpfen“, sagt Hinxlage – und schon ein Blick in eines der zwei großen Lager, in denen Kostüme jeglichen Stils, jeglicher Epoche und jeder bisherigen Produktion der Bühne aufbewahrt werden, scheint ihm recht zu geben.

Immer in Bewegung

Ein besonderer Blick bietet sich auch von der „heiligen Stätte“ der Bühne. Dort, am höchsten Punkt, wird alle zehn Jahre die Kreuzigungsszene der Hallenberger Passionsspiele inszeniert – das nächste Mal 2020. Noch steht aber ein Hochsitz an der Stelle. In ihm nimmt Florian Hinxlage kurz vor dem Durchlauf des ersten Aktes mit Seppl-Darsteller Philipp Mause Platz und geht konzentriert eine Szene mit ihm durch, singt das Lied an und sagt: „Mach´s schön groß!“. Nur wenig später ist er auf dem Dach der Gaststätte und prüft den Bühnenaufbau, kurz darauf steht er am Bühnenrand und schaut beim Durchgang der Choreographie zu.

Uraufführung am 16. Juni

Der Regisseur ist immer in Bewegung. „Ich bin detailverliebt, gehe jeden Weg, den man auf dieser Bühne gehen kann ab, sitze mindestens einmal auf jeder Position, auf der jemand aus dem Ensemble sitzen kann – in jeder Rolle“, erklärt er, bevor er – vorerst – im Zuschauerraum Platz nimmt. Der Durchlauf beginnt. Die ersten Töne von „Kohlhiesels Töchter“ erklingen, das Ensemble beginnt zu spielen, konzentriert und engagiert. Schließlich soll die Uraufführung am 16. Juni ein voller Erfolg werden – damit sich auch diesen Sommer wieder tausende Zuschauerinnen und Zuschauer sich auf den Weg nach Hallenberg im Hochsauerland machen.

 

Die Premiere von Kohlhiesels Töchter – Das Musical findet am Sonntag, 16. Juni 2019, um 15.30 Uhr statt.
Bis zum 7. September 2019 gibt es insgesamt sechzehn Vorstellungen. Alle Spieltermine hier im Überblick.