Neues Gewand für „Die Päpstin“ in Fulda

Schon die Welturaufführung des Musicals Die Päpstin war 2011 ein großer Erfolg. Auch in den Folgejahren lockte die Produktion von spotlight musicals Sommer für Sommer tausende Zuschauer in das Schlosstheater Fulda. 2015 war das Stück nach dem Weltbestseller von Donna W. Cross dort zum vorerst letzten Mal zu sehen. Bis jetzt. Noch bis zum 7. Juli wird eine Neuauflage der Inszenierung gezeigt, die vor allem mit einem herausragenden Cast überzeugt.

Umfassend überarbeitet

Änderungen beim Bühnenbild und im Lichtdesign, ergänzende Szenen, überarbeitete Dialoge, eine zum Teil neue Orchestrierung und auch eine zusätzlich Rolle – spotlight musicals hat sein Erfolgsstück konsequent weiterentwickelt: Das Musical über die Lebens- und Leidensgeschichte der jungen Johanna, die im tiefsten Mittelalter als Johannes Anglicus den Papstthron besteigt, gewinnt in seinem neuen Gewand an Frische und Intensität. Auch die ausdrucksstarke Musik trägt – zwar weiterhin als Halbplayback – neu eingespielt vom Tschechischen National Symphonie Orchester dazu bei.

Deutlich düsterer

Das durch neue Szenen ergänzte und zum Teil umstrukturierte Stück wirkt flüssiger. Die Änderungen an mehr als 100 Positionen im Libretto, so die Produktionsfirma, helfen, das Geschehen verständlicher zu vermitteln. Sie geben der Geschichte sowie den Figuren mehr Raum zur Entwicklung.

Insbesondere die Geschehnisse im Kloster von Fulda wurden verändert. Sie wirken nun deutlich düsterer als zuvor. Denn auch hinter den Klostermauern findet Johanna keinen Schutz. Das liegt unter anderem an der neuen Figur Ratgar (Daniele Nonnis). Der selbstsüchtige Abt führt die Bruderschaft mit strenger Hand und engstirnigem Glauben. Für Wissensdurst und Neugier, die Johanna antreiben, ist hier kein Platz. Und für eine Frau, die als Mann verkleidet ihren Weg gehen muss, schon garnicht. Während Ratgar die hippokratischen Schriften in einer eindrucksvoll inszenierten Szene den Flammen übergibt, muss sie – wieder einmal – fliehen.

Wirkungsvolle Kulissen

Wie schon in der Inszenierung von „Der Medicus“ stützen Videoprojektionen die Orts- und auch Zeitwechsel des Stücks und sind zugleich ein Gewinn für das Bühnenbild. Auf Aufbauten und Leinwand lassen sie mal ein Schlachtfeld, mal den Petersdom, mal Mariozas Bordell und somit wirkungsvolle Kulissen entstehen, vor denen sich das Geschehen weiter entspinnt. Gelungen ist auch die Entwicklung der Götterraben. Die Beschützer Johannas  sind in der aktuellen Inszenierung an den entscheidenden Wendepunkten des Stücks besonders präsent – und schweben in neuen, deutlich aufwändigeren Kostümen auch mal über die Bühne (alle Fotos: spotlight musical).

Überflüssig und nicht konsequent durchdacht, wirkt hingegen die Einbindung einer hohen Marmorsäule im „Ewigen Rom“. Wird deren Büste zunächst als Kommentator der Entwicklungen in der Stadt eingeführt, muss das Denkmal dann mitten im Song weichen, weil es schlicht im Weg steht. Die stark überzeichnete Rolle des Papst Sergius sorgt zudem zwar für manches Schmunzeln im Saal, wirkt aber in der tragischen Handlung zu überzogen und leicht fehl am Platz.

Hervorragender Cast

Es ist die Besetzung, die die Neu-Inszenierung hervorstechen lässt. Getragen wird das Stück von Sabrina Weckerlin als Päpstin mit ihrem eindrucksvollen, emotionalen Spiel. Die Darstellerin, die die Titelrolle bereits bei der Welturaufführung kreierte, scheint diese Rolle nahezu zu leben. Alle Facetten Johannas, ihre Wissbegierde, ihre Einsamkeit, ihre Verzweiflung oder auch ihre Entschlossenheit zeichnet Sabrina Weckerlin darstellerisch und gesanglich eindringlich nach. Sie zeigt eine großartige Leistung, die in vielen Momenten berührt und in der Schlussszene tief bewegt.

Mit Dennis Henschel, der die Rolle des Gerold alternierend übernimmt und in der besuchten Vorstellung seine Premiere feierte, steht ihr ein in Spiel und Gesang starker Darsteller zur Seite. Er versteht es, der nicht sehr vielschichtig angelegten Figur des Markgrafen Profil zu geben und begeistert insbesondere im zweiten Akt mit seiner Darstellung.

Christian Schöne überzeugt als Johannas Kontrahent Anastasius. Die Entwicklung des unsicheren jungen Mannes, der durch die harte Schule seines Vaters und vom Hunger nach Macht und Anerkennung getrieben, zum skrupellosen Mörder wird, gibt er glaubwürdig wider.

 

 

Reinhard Brussmann ist als weiser Aeskulapius die zweite Konstante in Johannas Leben und führt immer wieder auch als Erzähler durch das Geschehen. Wandlungsfähigkeit beweist Anke Fiedler als Mutter und Intrigantin Marioza. Lutz Standop spielt den ausschweifend lebenden Bischof Fulgentius sowie den aufgeschlossenen Prior Rabanus gleichermaßen authentisch. Seine gefühlvoll-eindringliche Interpretation von „Hinter hohen Klostermauern“ zählt neben dem ausdrucksstarken Duett „Wehrlos“ und Sabrina Weckerlins grandiosen „Das bin ich“ zu den gesanglichen Höhepunkten der Inszenierung, die vom Publikum im ausverkauften Haus mit nicht enden wollendem Applaus und Standing Ovations gefeiert wird.