Hinreißend und energiegeladen: Once in Hamburg

Once. Hell hebt sich der Schriftzug von der schwarzen Wand ab, umrahmt von zwei Gitarren. Links und rechts stehen Podeste mit Schlagzeug und Keyboard. Sonst ist die Bühne leer. Große Kulissen braucht es auch nicht, um eine Geschichte zu erzählen, bei der es vor allem um eines geht: Musik. Um die Liebe zur Musik. Und um die Liebe selbst. Die Hamburger Kammerspiele zeigen mit der deutschsprachigen Erstaufführung von „Once“ – nach dem gleichnamigen Film aus dem Jahr 2007 –  berührendes Musiktheater mit einem wunderbaren Ensemble.

In der Innenstadt von Dublin singt ein Straßenmusiker ein Lied über eine verlorene Liebe. Er singt all seine Verzweiflung heraus. Seine Verletztheit. Seine Enttäuschung. Eine junge Frau bleibt stehen. Hört zu. Spricht ihn an. Beide – der namenlose Typ und das namenlose Mädchen – befinden sich an Wegkreuzungen in ihrem Leben. Und sie werden zu Wegbegleitern, die eine besondere Liebe zur Musik und zueinander verbindet.

Der Soundtrack des Lebens

Erzählt wird diese schicksalshafte Zufallsbegegnung in erster Linie über die Musik. Sie ist der Soundtrack des orientierungslosen Musikers, der im Geschäft seines Vaters Staubsauger repariert, und der tschechischen Einwanderin, die sein Leben erst durcheinander und dann auf Kurs bringt.  Die von Glen Hansard und Markéta Irglová geschriebenen mal rauen, mal sanften Songs sind das zentrale Element des Stücks.

Sie erzählen von unausgesprochenen Träumen und Hoffnungen, von tiefen Gefühlen, von Annäherung und Abschied und bekommen in der Inszenierung von Gil Mehmert den nötigen Raum, um ihre kraftvolle, berührende Wirkung zu entfalten. Die Musik leitet Szenen ein, leitet über, begleitet die schnellen, mit wenigen Handgriffen und Requisiten gestalteten Ortswechsel zwischen Music Store und Kneipe, Innenstadt und Tonstudio, wird Teil der Szenerie und dann wiederum zum absoluten Mittelpunkt des Geschehens: Wenn Mädchen und Typ sich bei dem oscarprämierten Song „Augenblick“ (Falling Slowly) auch musikalisch finden oder die Band im Tonstudio ein Demotape einspielt zum Beispiel.

Immer wieder gehen Konzert und Schauspiel ineinander über. Das gelingt scheinbar spielerisch leicht und fließend, weil die acht Darsteller:innen selbst zu Gitarre, Geige, Banjo oder Bass greifen, sich ans Klavier oder Schlagzeug setzen. Sie sind ihre eigene Band, beherrschen teilweise mehr als ein Instrument, spielen, singen und tanzen ausgezeichnet – das wird auch in der mitreißenden Irish Folk Session deutlich, die gleich zu Beginn des Theaterabends den atmosphärischen und musikalischen Rahmen setzt.

Abseits ausgetretener Musicalpfade

In der Rolle des Mädchen beeindruckt Sybille Lambrich mit einer sehr nuancierten Darstellung. Sie zeichnet die junge Frau als offene, ernste und ehrliche Persönlichkeit mit starkem Verantwortungsempfinden und einer tiefen Liebe zur Musik. Gleichzeitig gelingt es ihr mit ihrem zarten, echten Spiel die Gefühlswelt und innere Zerrissenheit ihres Charakters spürbar werden zu lassen. Das Zusammenspiel mit Eiko Keller als Typ wirkt natürlich und zeichnet die emotionale Annäherung und besondere Verbundenheit der beiden Protagonisten glaubwürdig nach. Eine besondere Leistung auch und gerade von Eiko Keller: Denn nach nur einwöchigen Proben hatte er am 28.Dezember als Typ Premiere und sprang für Delio Malär ein, der den Part bislang gespielt hatte, aber krankheitsbedingt nicht singen durfte und daher ausfiel – zumindest auf der Bühne. Hinter den Kulissen steuerte er die Gitarrenparts bei, während Eiko Keller sang und spielte.

Eine Lösung, die erstaunlich gut aufging, der Wirkung der melancholisch-schönen Geschichte von Liebe und der Kraft der Musik keinen Abbruch tat und weitere Aufführungstermine in den Kammerspielen sicherte: Bis zum 16. Januar ist „Once“ dort noch zu sehen. Ein hinreißendes, energiegeladenes Stück abseits ausgetretener Musicalpfade, das man sich nicht entgehen lassen sollte.

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