„Rebecca“ in Tecklenburg bejubelt

„Ich hab geträumt von Manderley“ – wie in dem zugrunde liegenden Roman von Daphne du Maurier beginnt auch die Rahmenhandlung des Musicals Rebecca mit den Erinnerungen der Hauptfigur „Ich“ an den prächtigen Adelssitz in Cornwall. Erinnerungen, die in der von Alfred Hitchcock verfilmten Geschichte um Liebe und Leidenschaft, Zerstörung und Verrat für die junge Frau zwischenzeitlich zu einem Albtraum werden. Für die Freilichtspiele Tecklenburg ist die erste Inszenierung des Musicals von Michael Kunze und Sylvester Levay unter freiem Himmel hingegen ein Traum: Das Publikum feiert „Rebecca“ frenetisch.

Schatten der Vergangenheit

Monte Carlo in den 20er-Jahren: In einem Grand Hotel lernt die junge Gesellschafterin – im Stück nur „Ich“ – der neureichen Amerikanerin Mrs. van Hopper den Engländer Maxim de Winter kennen und lieben. Sie heiraten. Der Adelige, dessen erste Frau vor einem Jahr bei einem mysteriösen Bootsunfall gestorben ist, nimmt die neue Mrs. de Winter mit nach Manderley. Auf dem Adelssitz herrscht das strenge Regiment der Haushälterin Mrs. Danvers, die ihrer früheren Herrin bis in den Tod die Treue und ihr Andenken hochhält. Nicht nur ihre Intrigen werfen Schatten auf das Glück des jungen Ehepaars, Auch die Vergangenheit und die Ereignisse aus Rebeccas Todesnacht holen das Paar ein…

Rebecca: grandios gesungen und gespielt

In der Neuinszenierung von Andreas Gergen nehmen diese Schatten Gestalt an: Als schwarz gewandete Tänzer begleiten sie das Geschehen, spiegeln die Vergangenheit, machen die Bedrohung allgegenwärtig spürbar – und werden von der Regie gleichzeitig geschickt in den Auf- und Umbau von Szenenbildern eingebunden. Für „Ich“ (Milica Jovanovic) manifestiert sich die Bedrohung zusätzlich in der Haushälterin Mrs. Danvers, die Pia Douwes (Foto: © Heiner Schäffer) grandios spielt und singt. Kerzengerade, distanziert und bedrohlich in Auftreten und Haltung schleichen sich nur dann weiche Züge in das Gesicht der in der Vergangenheit verhafteten, verbitterten Frau, wenn sie von „ihrer“ Rebecca spricht. Der neuen Hausherrin – jung, naiv und vertrauensvoll – tritt sie verächtlich entgegen. Eine Abneigung, die in Pia Douwes´ Spiel in jeder Minute spürbar wird.

(Foto: © Andre Havergo)

Gefeierte Duette

Milica Jovanovics Darstellung steht der ihrer namhaften Kollegin in Intensität und Ausdrucksstärke in nichts nach. Glaubhaft verkörpert sie die Wandlung vom schüchtern-unsicheren Mädchen zur selbstbewussten, starken Ehefrau. Ihre Duette mit Pia Douwes und Jan Ammann gehören zu den Höhepunkten der Aufführung und werden mit begeisterten Jubelrufen gefeiert.

Ammann überzeugt sowohl schauspielerisch als auch gesanglich als Maxim de Winter, der neues Glück sucht, um vor der Vergangenheit zu fliehen. Dabei schwankt er zwischen Zuversicht und cholerischer Wut, zwischen Verantwortung und Verzweiflung. Ergänzt wird das beeindruckende Spiel von einer überzeugenden Darstellerriege in den Nebenrollen: Anne Welte hat als aufdringliche, an Selbstüberschätzung leidende Mrs. van Hopper die bunten Momente der Inszenierung und die Lacher des Publikums auf ihrer Seite. Thomas Hohler gibt einen durchweg sympathischen und loyalen Frank Crawley. Roberta Valentini steht als herzliche Schwägerin Beatrice an der Seite von „Ich“ und Robert Meyer ist ein schmierig-intriganter Jack Favell. Besonders erwähnenswert ist zudem Christian Fröhlichs eindrucksvolle Darstellung als „Ben“.

Wirkungsvolles Finale

Wenn zum Schluss wieder die Melodie von „Ich hab´ geträumt von Manderley“ erklingt und die Protagonisten einer hoffnungsvollen Zukunft entgegen blicken, ist Manderley mit seiner dunklen Vergangenheit Opfer eines Feuers geworden – in einem Finale, das einen wirkungsvollen Abschluss für eine durchweg gelungene Inszenierung bildet.

Die Freilichtspiele Tecklenburg zeigen „Rebecca“ noch bis zum 9. September. Weitere Informationen und Tickets gibt es hier.