Exzellente Neuinszenierung: „Rent“ in Dortmund

Obwohl es „Rent“ am Broadway auf mehr als 5.100 Vorstellungen brachte, ist dem Musical von Jonathan Larson in Deutschlang bislang der große Erfolg verwehrt geblieben, was wohl ein Grund dafür ist, dass das Stück hierzulande nur sehr selten aufgeführt wird. Am Dortmunder Opernhaus ist nun jedoch eine exzellente Neuinszenierung von Gil Mehmert zu sehen.

Die Mitwirkenden auf der Bühne geben alles, um eine mitreißende Vorstellung zu gestalten. Sie überzeugen mit großer Bühnenpräsenz, differenzierten Rollenporträts und herausragenden Stimmen. Patricia Meeden ist die perfekte Mimi, im ersten Akt noch verrucht und verspielt, im zweiten Akt von der Krankheit gezeichnet und geradezu zerbrechlich. Wenn sie ihre schönen Balladen und das rockige „Out Tonight“ singt, ist Gänsehaut garantiert.

David Jakobs mimt den Rockmusiker Roger und meistert seinen Part schauspielerisch wie gesanglich sehr gut. Seine Interpretation von „One Song Glory“ bleibt dabei besonders positiv in Erinnerung. Dominik Hees steht ihm als Filmemacher Mark in nichts nach. So zeigt er ein Schauspiel, das vor Authentizität nur so strotzt, und liefert auch gesanglich eine stimmige Darstellung dieser durchaus komplizierten Rolle.

Bettina Mönch gibt in der Rolle der Maureen eine stimmgewaltige Performance-Künstlerin, die nicht nur mit ihrer Solonummer punktet, sondern besonders im Zusammenspiel mit Amani Robinson als Joanne und dem gemeinsamen Powerduett. Mit wundervollem Schmelz in der Stimme intoniert Alex Snova seinen Part als Tom, Lukas Mayer gibt eine charmante und liebenswürdige Angel und Pedro Reichert drückt dem fiesen Vermieter Benny einen typgerechten Stempel auf.

Auch optisch wird die großartige Inszenierung von Gil Mehmert den Anforderungen des Stücks gerecht. Die Kostüme von Falk Bauer spiegeln authentisch die Mode der Neunzigerjahre wider und sind rollengerecht ausgewählt, lediglich Angel hätte noch auffälligere Kleidung bekommen dürfen. Stark ist außerdem das Bühnenbild von Jens Kilian, das auch ebenfalls bei Mehmerts Operninszenierung „La Bohème“ zum Einsatz kommt und durch das ästhetische Lichtdesign von Michael Grundner sehr gut in Szene gesetzt wird.

Wo in der Oper die Silhouette von Paris zu sehen ist, prangt jetzt die Skyline von New York. Der Rest ist identisch und nur leicht den Gegebenheiten angepasst worden. Beim Musical fährt wie bei der Oper ein Café aus dem Bühnenboden hervor: Was bei „La Bohème“ das Café Momus ist, heißt bei „Rent“ nun „Life Café“. Wo in der Oper Weihnachtsbäume leuchten, sind es im Musical stilisierte Bäume in Form von mit Lichterketten behangenen Drahtgestellen.

Es lohnt sich deshalb, beide Inszenierungen von Gil Mehmert anzusehen, um die Parallelen zwischen den Stücken zu entdecken – im Bühnenbild, bei den Charakteren, der Story und der Liedabfolge. So ist beispielsweise der Song „Light my Candle“, bei dem Roger und Mimi aufeinandertreffen, nahezu identisch mit dem ersten Bild in Puccinis Oper, wenn sich Rodolfo und Mimi kennen lernen. Deshalb: Ein spannendes Konzept!

Text: Dominik Lapp, kulturfeder.de