Selbstironische Zeitreise: Rock of Ages auf Tour

Die großen Rockhits der 80er Jahre, dazu eine Story ohne viel Tiefgang, die aber jede Menge Spaß macht: „Rock of Ages“ ist ein typisches Jukebox-Musical – und dann auch wieder nicht. Das 2005 in einem Rockclub uraufgeführte Compilation-Werk von Chris D´Arienzo, das es drei Jahre später an den Off-Broadway und schließlich – wenig erfolgreich – auf die Kinoleinwand schaffte, ist vor allem eins: eine gelungene Persiflage auf die Zeit der Nietengürtel, langen Mähnen und Rock-Hymnen. Mit der Neuinszenierung von Alex Balga ist aktuell eine ShowSlot-Produktion auf Tour, die das Lebensgefühl der 80er gekonnt einfängt und richtig gut unterhält.

Dünne Story, große Hits

Los Angeles in den 80er-Jahren: Im legendären Rock-Club „Bourbon Room“ treffen Drew (Felix Freund) und Sherrie (Julia Taschler) aufeinander. Er jobbt in dem Laden und träumt von einem Durchbruch als Rockstar, sie kommt aus der Kleinstadt und will – Überraschung – Schauspielerin werden. Eine Love-Story beginnt, die immer wieder von den Geschehnissen rund um den Sunset Strip überlagert wird: Als ein Großinvestor  dort „aufräumen“ will, ist auch der „Bourbon Room“ in Gefahr…

Die dünne Story wird in der stimmigen Inszenierung von Alex Balga durch jede Menge Rockmusik, cool-fetzige Kostüme und blinkende Neonlichter aufgemotzt. Das statische Bühnenbild erweckt den „Bourbon Room“ zum Leben, im Hintergrund erhebt sich die Silhouette der Stadt, an den Wänden hängen Gitarren und Schallplatten, an dem Geländer der ein oder andere BH, der von durchfeierten Nächten erzählt. Die fünfköpfige Band (Musikalische Leitung: Pascal Kierdorf) ist Teil des Geschehens und spielt unter anderem als Band „Arsenal“ um Leadsänger Stacee Jaxx auf, dessen Auftritt den Club vor dem Ruin retten soll.

Felix Freund gibt Drew, den etwas schüchternen Typen mit den großen Träumen, überzeugend und stimmlich souverän, Julia Taschler überzeugt als Sherrie auf ganzer Linie. Herrlich exzentrisch kommt Olivier Scheers als wandelndes Klischee Stacee Jaxx daher und Benjamin Hauschild und Kevin Lisske haben als schräges Vater-Sohn-Duo viele Lacher auf ihrer Seite. Für die sorgt auch Timothy Roller als Lonny Barnett. Er kommentiert das Geschehen immer wieder in der Funktion des Erzählers, verteilt großzügig verbale Seitenhiebe und ironische Anspielungen zu Handlung, Rollen, Publikum und – nicht zuletzt – zum Musical („Jazz Hands funktionieren immer“). Das ist mal frech, mal flach, mal schräg: „Rock of Ages“ nimmt sich selbst einfach nicht zu ernst und genau diese Selbstironie macht die Musical-Persiflage aus und so manchen Fremdschäm-Moment sowie den damals noch tolerierten Sexismus erträglich.

Zeit für neue Träume

Und zum Schluss? Da ist der Traum von der Rockstar- und Schauspielkarriere geplatzt, der „Bourbon Room“ gerettet und dann doch noch Zeit für etwas Tiefgang: „Die Träume, mit denen du kamst, sind nicht immer die, mit denen du gehst. Sie rocken trotzdem“, heißt es dann, bevor die Show mit „Don´t stop believin´“ zu Ende geht – und  vom Publikum ausgelassen gefeiert wird.

 

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