Musical Revolution in Frankfurt gestartet

Kein „Memory“. Kein „Circle of Life“. Und auch keine „Unstillbare Gier“. Wer am Sonntagnachmittag in Frankfurt eine Musical-Gala mit den vielgehörten Klassikern des Genres erwartete, wurde enttäuscht. Doch diese Erwartungen hatte unter den Zuschauern in der Jahrhunderthalle wohl auch niemand. Schließlich waren sie zur „Musical Revolution“ gekommen. Das von offMusical veranstaltete Konzert gab Songs neuer Erfolgsmusicals aus New York und London eine Bühne, die diese in Deutschland selten oder – noch – nicht finden. Leider nicht. Denn die zweistündige Show zeigte, was dem deutschen Musicalpublikum dadurch entgeht: moderne Musik, ehrliche Texte und aus dem Leben gegriffene Themen, die berühren.

„Zeit für neue Sachen“

Ganz kurz war sie dann doch zu hören. Die unverkennbare Melodie aus „Das Phantom der Oper“. Sie begleitete die Moderatoren Adrian und Michel Dupry – stilecht im Christine- und Phantom-Look gekleidet – auf die Bühne. Ein kleiner, witziger Verweis auf die bekannten Werke, die die Musicallandschaft geprägt haben. Aber auch der einzige. Denn: „Es wird einfach mal Zeit für  neue Sachen“ so das Moderatoren-Duo. Und die gab es dann auch zu hören – mit toller Live-Band und fantastischen Solisten.

Stimmstarke „Revoluzzer“

Denn die „Revoluzzer“, die offMusical für die Sache begeistern konnten, zählen zu den bekannten und beliebten Darstellern und Darstellerinnen der Musicalszene. Gemeinsam mit einem jungen, talentierten zwölfköpfigen Ensemble brachten Andreas Bongard, Abla Alaoui, Gino Emnes, Judith Caspari, Lisa Antoni, Mathias Edenborn, Philipp Büttner, Raphael Groß, Sabrina Weckerlin und Sidonie Smith ein Stück Broadway und West End nach Frankfurt und sorgten mal für ausgelassene Feierstimmung und Jubel und mal für jede Menge Gefühl und Gänsehaut.

Ein Nachmittag – 18 Musicals

Bereits der Opener der „Revolution“ machte Eindruck und gab die Richtung des Nachmittags vor: Ganz in Schwarz-Weiß gekleidet eroberten Solisten und Ensemble mit „The Greatest Show“ aus dem Musicalfilm „The Greatest Showman“ die Bühne – begleitet vom satten Sound der Musiker und unterstützt von einer starken Lichtshow. Ein vielversprechender Auftakt, der die Reise durch 18 Musicals einleitete, deren Songs es so geballt wohl noch in keiner Show in Deutschland zu hören gab. Von „Book of Mormon“ über „Fun Home“, „Mean Girls“ und „Everybody´s talking about Jamie“ bis hin zu „Six“, „Come from away“, „Finding Neverland“ oder „Hamilton“:  Die Setlist brachte Tony-Abräumer und Geheimtipps zusammen, zeigte, wie unglaublich facettenreich Musical sein kann und sorge für begeisterte Fans im Publikum.

Highlights

Sichtlich Spaß hatten auch die Solisten auf der Bühne. Mit starken Stimmen und intensiven Interpretationen ließen sie die Songs glänzen und machten auch wenig bekannte Nummern zu Highlights. So  berührte zum Beispiel Sidonie Smith mit ihrer emotionalen Darbietung von „He´s my Boy“ (Everybody´s Talking about Jamie), Abla Alaoui begeisterte mit einem selbstbewussten, rockigen „I´d rather be me“ aus Mean Girls,  Sabrina Weckerlin sorgte stimmgewaltig und gefühlvoll mit „She used to be mine“ und gemeinsam mit Philipp Büttner mit „You matter to me“ (Waitress) für Gänsehaut und Judith Caspari verzauberte die Zuhörer mit „Ring of Keys“ aus Fun Home und „Falling Slowly“ (Once) im Duett mit Mathias Edenborn. Raphael Groß riss das Publikum bei „You don´t even know it“ (Everybody´s talking about Jamie) mit, Lisa Antoni beeindruckte mit ihrem Solo „All that matters“ aus Finding Neverland und Andreas Bongard zeigte sich als Elder Price mit „I Believe“ von seiner komischen, bei „Weck´ mich auf, wenn der Herbst beginnt“ (American Idiot) von seiner rockigen Seite.

„Memphis“ mit deutschen Songs

Auch die Ensemblenummern waren gut gewählt und mitreißend sowie berührend umgesetzt: „Hello“ aus Book of Mormon sorgte für Witz, „You will be found“ (Dear Evan Hansen) für nachdenkliche Momente und „My Shot“ (Hamilton) mit einem großartigen Gino Emnes als Alexander Hamilton für Jubel. Zum ersten Mal zu hören waren zudem deutsche Songs des Musicals „Memphis“, das im kommenden Jahr von offMusical auf Tour „geschickt“ wird und so vom Broadway nach Deutschland kommt. Diesen Weg finden hoffentlich auch noch andere Werke, die bei der „Musical Revolution“ zu erleben waren. Verdient hätten sie es – und das deutsche Musicalpublikum auch.