Gefühlvoll und gelungen: Ghost als Tourproduktion

Es ist wohl eine der bekanntesten Sequenzen der Filmgeschichte: die Töpferszene des 90er-Jahre-Kinoerfolgs „Ghost – Nachricht von Sam“. 2011 fand die Filmversion zum ersten Mal den Weg von der Leinwand auf die Bühne. 2017 feierte das Musical mit der Musik von Dave Stewart und Glen Ballard als Long-Run-Produktion Deutschlandpremiere im Theater des Westens. Zurzeit ist die spannend-rührende Liebesgeschichte auf Tour durch Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die Produktion von Showslot überzeugt mit einer guten Cast und einer ideenreichen Inszenierung. Diese hat definitiv mehr zu bieten als Töpferszenen-Romantik und verzaubert das Publikum auch ohne großen Bühnenbombast.

Ideenreiche Inszenierung

Hohe, bewegliche Wandelemente aus kleinen Quadraten, eingerahmt von schmalen LED-Leisten: Das Bühnendesign (Adam Nee) ist so schlicht wie wandelbar und ein gelungenes Setting für die Story, die zwischen schickem New Yorker Loft und dunklen U-Bahn-Schächten, zwischen kühler Finanzwelt und schriller Wahrsager-Szenerie hin und her wechselt. Einfache Requisiten, zu Countern oder Töpfertisch umzufunktionierende Quader und das ausgeklügelte Licht-Design (Phil Kong) lassen diese Szenenwechsel flüssig ablaufen und wirkungsvolle Bilder entstehen.

Wirkungsvoll müssen auch die Effekte sein, die bei einer Geschichte einfach unverzichtbar sind, die zwischen den Welten spielt. Die von Geistern erzählt, die durch Wände gehen, in U-Bahnen springen und Gegenstände wie von Zauberhand bewegen. Natürlich kann eine Tourversion nicht die Technik auffahren, die in der Long-Run-Produktion für Wow-Momente sorgte. Aber das muss sie auch nicht, wie die Inszenierung beweist, die noch bis Juni 2023 in Städten in Deutschland, Österreich und der Schweiz zu sehen ist. Regisseur Manuel Schmitt setzt auf Timing und Ideenreichtum statt Technikzauber und Magie. Das Konzept geht auf: Menschen- und Geisterwelt werden gekonnt miteinander verwoben und die Zuschauer*innen zum Staunen gebracht.

Große Stimmpower

Katrin Merkl als Molly und Konstantin Busack als Sam überzeugen als Paar, dessen Liebe über den Tod hinausgeht. Ihr Spiel ist sehr natürlich und glaubhaft. Sie lassen Sehnsucht und Verzweiflung, Glück und Trauer spürbar werden und harmonieren auch stimmlich perfekt – sie singen mit viel Stimmpower und Gefühl. Kim-David Hammann ist als betrügerischer Freund Carl weniger aggressiv, dafür aber umso entschlossener, seinen Traum vom großen Geld wahr werden zu lassen – egal wie hoch der Preis auch sein mag. Als Oda Mae Brown tritt Louisa Heiser in die Fußstapfen von Whoopi Goldberg, die das schräge Medium im Film spielte. Mit starker Stimme und enormer Bühnenpräsenz nimmt sie das Publikum für sich ein. Ihre Oda Mae ist laut und schrill, aber sie hat auch eine warme, weiche Seite, die immer wieder durchscheint. Als Mörder Willi überzeugt Alessandro Ripamonti, Richard McCowen groovt als Krankenhausgeist mit viel Soul in der Stimme über die Bühne und Robert Lankester ist ein aggressiv-verzweifelter U-Bahn-Geist.

Die Musik (Musikalische Leitung Stefan Schröter) kommt bei der Tourproduktion vom Band. Die vielseitigen Kompositionen, die Pop, Rock und Soul, fetzige Ensemblenummern und starke Soli sowie gefühlvolle Duette vereinen, wirken dennoch. Sie tragen die Story und treiben sie voran. Dabei darf die Ballade „Unchained Melody“ natürlich nicht fehlen. Der Song, der im Film die Töpferszene musikalisch untermalte, hat auch im Musical seinen Platz. Und das überzeugt in der Inszenierung von Showslot auf ganzer Linie.