Artus in Tecklenburg

Ja, ich mag Theater. Und Musicals im Besonderen. Wenn das Ganze dann auf einer Bühne im Freien stattfindet, hat es noch einmal eine ganz eigene Atmosphäre. Um das immer mal wieder zu erleben, schaue ich seit sieben Jahren auch bei den Freilichtspielen Tecklenburg vorbei. Da habe ich im Sommer 2016 – wie ich finde – mit „Artus Excalibur“ eine der besten Inszenierungen gesehen.

Artus statt Game of Thrones

In Tecklenburg hat der Kampf um den Thron begonnen. Auf der Bühne, unter freiem Himmel – mit der deutschen Erstaufführung von „Artus“, einem Musical von Frank Wildhorn und Ivan Menchell.

Die Handlung

Die Legende ist bekannt, auch wenn sie im Musical recht frei umgesetzt wird: Britannien im sechsten Jahrhundert. Die Römer haben das Land verlassen, die keltischen Stämme kämpfen um die Vorherrschaft im Land. Das Schwert Excalibur, vom Magier Merlin fest im Fels versenkt, soll die Wende bringen: Wer das Schwert aus dem Stein befreit, sei – so die Weissagung – der rechtmäßige Herrscher eines geeinten Britanniens.  Artus wird König. Er baut Camelot wieder auf, vereint die Ritter der Tafelrunde hinter sich, herrscht gerecht über das Land und heiratet Guinevere. Doch am Tag der Hochzeit wird Artus´ Ziehvater hinterhältig ermordet. Der junge König ist von Rachegedanken besessen und stürzt sich in Kriegs- und Kampfvorbereitungen. Das unterstützt die Intrigen, die seine Halbschwester Morgana spinnt und treibt Guinivere in die Arme von Lancelot…

Die Legende als Musical funktioniert

Diese Legende um Machtgier und Magie, Liebe und Haß, Leidenschaft und Verrat funktioniert auch als Musical. Mit keltischen, teils rockigen Klängen sowie eingängigen Balladen (Musikalische Leitung: Tjaard Kirsch), einer stimmigen, eindrucksvollen Inszenierung (Ulrich Wiggers), ausdrucksstarken Choreographien (Kati Heidebrecht) und Kostümen (Karin Alberti) sowie einem Bühnenbild (Susanne Buller), dass die Naturkulisse perfekt ergänzt, begeistert „Artus“.

Szene für Szene eindrucksvoll

Schon die erste Szene beeindruckt: Wenn die rivalisierenden Stämme bei der Schlacht um die Macht in Britannien aufeinander zu stürmen  und  die schnellen Schwertkämpfe (Kampfszenen: Klaus Figge) plötzlich in Zeitlupe ablaufen; wenn anschließend die gefallenen Krieger von Walküren nach Walhall geführt werden, ist das ein starker Start und großer Moment der Inszenierung. Und von denen gibt es in der etwa 2,5 stündigen Aufführung so einige – und zwar in den actionreichen Momenten ebenso wie in den leiseren. Wenn Morgana im zweiten Akt ihren Halbbruder Artus in einer Vision den Betrug von Lancelot und Guinevere vor Augen führt, wird das in einer ausgefallenen, anspruchsvollen Choreographie in Szene gesetzt. Und die Idee, die Ritter ihre Tafelrunde aus den eigenen Schilden bilden zu lassen, erntet bei der besuchten Vorstellung Zwischenapplaus.  Wer einen Eindruck von der Umsetzung bekommen möchte, der kann sich den Trailer zum Musical anschauen.

Starke Momente – starke Darsteller

Das es so viele starke Momente gibt, hat natürlich auch mit der ebenso starken Darstellerriege und einem spielfreudigen, harmonischen Ensemble zu tun. Die Rollen sind optimal besetzt: Armin Kahl (Foto; Quelle: Freilichtspiele Tecklenburg) überzeugt – gesanglich und darstellerisch – als mit seinem Schicksal hadernder, dann von Rachegedanken getriebener und später souveräner König. Milica Jovanovic gefällt als Guinevere mit ihrem leichten, natürlichem Spiel und klarer Stimme. Die magischen Rollen Merlin und Morgana werden stimmlich und schauspielerisch eindrucksvoll von Kevin Tarte und Roberta Valentini auf die Tecklenburger Bühne gebracht. Und Dominik Hees nimmt den Zuschauer als Lancelot für sich ein.  Als erster Ritter der Tafelrunde ist er hin- und hergerissen zwischen seiner Verbundenheit und Freundschaft zu Artus und seiner Liebe zu dessen Frau Guinevere. Sein Song „Nur sie allein“ sorgt für einen – kitschfreien – Gänsehaut-Moment.