Footloose in Hamburg: Es wird wieder getanzt!

Endlich! Es wird wieder getanzt, gespielt und gesungen. Am 11. August ging im First Stage Theater die erste Hamburger Musicalpremiere seit der Corona-Auszeit über die Bühne. Mit „Footloose“. Einem Stück, das bestens in die aktuelle Situation passt. Das von jungen Menschen erzählt, die auf Tanz, Musik und Spaß verzichten müssen. Und davon, wie dieser gemeinsame Spaß am Leben wieder zurückkehrt. In den 80er-Jahren kam der gleichnamige Film mit Kevin Bacon  in die Kinos. 1998 feierte die Musical-Fassung Broadway-Premiere. Und 2021 zeigt das First Stage eine überzeugende, mitreißende Inszenierung, die einfach Spaß macht.

Tanzen verboten

Tanzen? Verboten. Alkohol? Auch. Und Rockmusik? Sowieso. Die Gesetze in der konservativen Kleinstadt Bomont sind streng. Dafür sorgt Reverend Moore. Nachdem vor Jahren vier Jugendliche nach einer Party tödlich verunglückten, ist er überzeugt: Rock´n´Roll und Tanzen verwirren die Sinne und verführen zu Drogen- und Alkoholmissbrauch – mit fatalen Folgen. Doch dann zieht der musik- und tanzbegeisterte Ren aus Chicago in die Kleinstadt, stellt die scheinbare Idylle auf den Kopf und das Tanzverbot in Frage. Als er sich dann auch noch in die rebellische Tochter des Reverend, Ariel,  verliebt, prallen die gegensätzlichen Welten und Moralvorstellungen endgültig aufeinander.

Foto: Dennis Mundkowski

Starke Bilder im Look der 80er

Regisseur Felix Löwy erzählt die Geschichte mit wahrem Kern – von 1861 bis in die 1980er Jahre galt in dem Ort Elmore City ein stadtweites Tanzverbot – schlüssig, flüssig und mit starken Bildern. Die Bühne (Felix Wienbürger, Felix Löwy) mit Drehelementen, Backsteinoptik und Stahlgerüst bietet dafür den optimalen Rahmen und macht schnelle Orts- und Szenenwechsel möglich. Da verwandelt sich das flirrend-schillernde Chicagoer Straßenbild in eine Kleinstadtkirche, der Skateplatz in einen Schulflur und das Familienwohnzimmer in ein Diner oder eine Countrybar. Der Zeitgeist der 80er wird durch die detailgetreue Ausstattung lebendig. Vor allem die Kostüme (Charlene Frank) bringen mit neonfarbenen Aerobic-Outfits inklusive Stulpen und Schweißbändern, Ballonseide, ausgewaschenen Jeans, Sneakern, Cowboystiefeln und Oversize-Shirts den Modestil authentisch auf die Bühne.

Foto: Dennis Mundkowski

Energiegeladene Tanzszenen

Auch wenn Footloose ein Tanzverbot als thematischen Aufhänger hat – in der Show wird natürlich viel getanzt. Und wie. Die Tanzszenen der Inszenierung sind schwungvoll und energiegeladen. Die Choreographien von Phil Kempster haben Drive und Witz – und sorgen in Kombination mit den Hits der 80er, die von einer sechsköpfigen Live-Band aus einer angemieteten Wohnung in den Bühnenraum gerockt werden – für Stimmung im Publikum. Ganz besonders natürlich dann, wenn der Titelsong „Footloose“ erklingt. Doch auch „Holding out for a hero“ lässt mit ironisch-witziger Szenerie den Funken überspringen und die Zuschauer:innen begeistert mitklatschen.

Dennis Mundkowski

Spielfreude pur

Das First Stage ist bekannt dafür,  Nachwuchsdarsteller:innen eine Plattform zu bieten. Und so sind viele Rollen im Ensemble mit Absolvent:innen der Stage School besetzt. Sie singen und  tanzen voller Energie. Die Freude, endlich wieder auf der Bühne stehen zu können, ist in jeder Szene zu spüren. Besonders Lena-Sophie Pudenz macht in der Rolle der Rusty mit Witz und starker Stimme auf sich aufmerksam. Aliosha Jorge Ungur nimmt das Publikum als schüchterner Willard mit enormen komödiantischen Talent und Timing für sich ein und Dance Captain Charlotte Elisabeth Schramm überzeugt mit präzisen Tanz-Moves.

Foto: Dennis Mundkowski

Kleine Gesten, große Wirkung

Mit Femke Soetenga, Riccardo Greco und Florian Soyka stehen den jungen Talenten Profis zur Seite, die bereits auf den großen deutschsprachigen Musicalbühnen zu sehen waren. Sie verstehen es allesamt, mit ihrer Darstellung zu überzeugen. Riccardo Greco gibt Ren McCormack sehr sympathisch. Ihm gelingt es, auch die verletzliche Seite des Teenagers durch sein selbstbewusstes, impulsives Auftreten durchscheinen zu lassen. Das Duett mit Ariel-Darstellerin Faye Bollheimer ist einer der leisen Momente des Stücks, der im Gedächtnis bleibt. Florian Soykas Reverend Shaw Moore ist ein charismatischer, innerlich verzweifelter Mensch, der nach einem Schicksalsschlag glaubt, seinem Leben nur noch mit klaren Regeln Halt und Richtung geben zu können. Als Ariels Mutter Vi Moore weiß Femke Soetenga mit enormer Präsenz und warmer Stimme auf ganzer Linie zu überzeugen. Sie versteht es, selbst kleinsten Gesten große Wirkung zu verleihen.

Foto: Dennis Mundkowski

Standing Ovations

Nach rund 2,5 Stunden geht der Premierenabend im First Stage zu Ende. Natürlich mit einem Tanz. Mit jeder Menge Applaus. Mit Standing Ovations. Und dem Gefühl, wie schön es ist, dass auch im Theater wieder getanzt und gesungen werden darf. Endlich!

Foto: Dennis Mundkowski

 

Die Produktion ist noch bis zum 17. Oktober 2021 im First Stage Hamburg zu sehen. Weitere Informationen und Tickets gibt es hier.