Patrick Stanke streamt Konzertreihe aus seinem Wohnzimmer
Die Theater, Bühnen und Zuschauersäle sind leer, der Spielbetrieb steht still: Über ein Jahr nach ihrem Ausbruch hat die Corona-Pandemie auch die Kulturbranche noch fest im Griff. „Wer hätte das am Anfang gedacht“, sagt Patrick Stanke im Zoom-Interview mit Theaterliebe. Er selbst jedenfalls nicht. Doch auch der Berufsalltag des Musicaldarstellers kam im März 2020 von jetzt auf gleich zum Erliegen. Konzerte? Abgesagt. Engagements? Auf Eis gelegt. Premieren? Auf unbestimmte Zeit verschoben. Trotzdem tritt der Wuppertaler mittlerweile wieder regelmäßig auf. Live. Vor Publikum. Aus dem eigenen Zuhause nimmt er seine Zuschauer:innen mit in die Welt der Musicals – per Livestream. Bis Anfang Juni läuft seine aktuelle Konzertreihe „Wohnzimmerkonzerte 2.0“.
Berufsleben abseits der Normalität
Online auftreten: Das war auch Patrick Stankes erster Gedanke, als Corona alles auf den Kopf stellte. „Ich habe direkt gedacht: Dann gebe ich meine Konzerte eben im Internet“, blickt er zurück. Ein spontaner Plan, der kurz darauf wieder verworfen wurde: Von jetzt auf gleich war das Netz voll mit Sänger:innen und Musiker:innen, die ihre Kunst dort präsentierten – kostenlos. „Da konnte ich ja schlecht der Einzige sein, der online geht und Geld dafür verlangt“, so Stanke, der zu den gefragten und erfolgreichen Musicaldarstellern in Deutschland zählt und zweifacher Familienvater ist. „Ich musste mir etwas anderes einfallen lassen.“ Denn kurz vor Corona hatten der 41-Jährige und seine Frau alle Ersparnisse in ein Eigenheim gesteckt. „In meinem ,normalen´ Leben war alles finanziert. Da passte das“, so Stanke. Nur gab es mit Corona keine Normalität mehr.
Premiere auf Patreon
Patrick Stanke wurde auf Patreon aufmerksam und startete einen Versuch mit der Plattform, über die Kreative von ihren Fans einen selbstbestimmten Geldbetrag für neue Songs, Videos oder auch Livekonzerte erhalten können. „Ich hatte ja nichts zu verlieren – nur zu gewinnen“, erklärt er. Und er gewinnt die Unterstützung seiner Fans. Bereits nach dem ersten Video waren rund 100 von ihnen dabei. „Das hat mich umgehauen und über die ersten Monate getragen“, sagt der Sänger. „Und es war meine Lösung, für die Menschen online zu sein.“
Livestream-Konzerte als neues Standbein
Mittlerweile ist die Lösung größer geworden. Mit „LIVET!ME CONCERTS“ hat Patrick Stanke Livestream-Konzerte aufgezogen und sich in der Pandemie ein neues Standbein aufgebaut: „Irgendwann habe ich mir gesagt: Ich gehe jetzt auch online. Aber professionell. Das war mein Anspruch.“ Er recherchierte und fand einen Anbieter, der ihm ausreichend Serverplatz zur Verfügung stellt und eine Paywall installiert. Er investierte in jede Menge Technik, in Kameras, Mikrofone und Beleuchtung. Aber auch in Desinfektionsmittel und mobile Schutzwände aus Plexiglas. Es laufen meterlange Kabel durch das Haus, vom Studio zum Flügel ins Wohnzimmer, für jedes Mikro, für jede Lampe ein eigenes. Dieser Kabelsalat, der sei schon etwas nervig. Patrick Stanke schmunzelt in die Kamera. Aber der neue Berufsalltag im eigenen Haus habe auch seine Vorteile: „Für mich war Homeoffice früher ja keine Option und völlig sinnfrei“, erzählt der Künstler. „Aber jetzt viel Zeit zu Hause verbringen zu können und meine Kinder so nah bei meiner Arbeit zu haben – das ist schon toll.“
Applaudiert wird im Chat
Anders ist für den Künstler auch die Konzertatmosphäre: Kein Blick in aufmerksame, berührte oder begeisterte Gesichter. Kein Applaus, keine Lacher. Gesungen wird in Kameras, applaudiert via Chat. „Natürlich vermisse ich es, die Reaktionen der Menschen zu sehen. Zu spüren, ich bin auf dem richtigen Weg. Das fehlt mir“, betont der Künstler. Aber die Online-Konzerte bringen auch neue Wege der Interaktion mit sich: Im Chat „unterhalten“ sich die Zuschauer:innen untereinander. Sie tauschen sich aus, wünschen sich Songs oder überbrücken die Zeit, wenn die Technik nicht so mitspielt, wie sie sollte. Auch bei den ersten Stanke-Konzerten im Stream lief nicht alles rund. Patrick Stanke spielte – und wurde nicht gesehen. Er sang – und wurde nicht gehört. „Da ist einfach alles ausgefallen, die Fans waren 40 Minuten völlig alleine“, schildert der Darsteller die Situation. „Und während ich alles ausschwitzte, was ich den ganzen Tag über getrunken hatte und versuchte alles zu regeln, chatteten die Fans, machten sich einen Wein auf und warteten.“ Patrick Stanke lacht dankbar: „Das kam schon fast so ein typisches Tecklenburg-Feeling auf.“
Special Guests im Wohnzimmer
„Vampire“, „Musical meets Klassik“ oder „Ich bin Musik“ lauten die Titel der kommenden Konzerte, die unterschiedliche musikalische Schwerpunkte und Special Guests ins Wohnzimmer der Familie Stanke bringen. Acht Konzerte stehen bis zum 5. Juni noch auf dem Programm. Was danach kommt? Wann in Theatern wieder gespielt und wieder live vor Publikum gesungen werden kann? „Ich weiß es nicht. Wie auch?“, so Stanke. Anstehen würde für den Darsteller so einiges, das aufgrund von Corona abgesagt werden musste. Die „Drei Musketiere“ in Magdeburg zum Beispiel. Oder „Rebecca“ und „Die letzten fünf Jahre“. Auch ein neuer Vertrag für ein Stück im Sommer ist bereits unterschrieben. Ob und wie das alles stattfinden wird – noch ist es ungewiss. „Ich freue mich einfach darauf, wenn es vorbei ist“, sagt Patrick Stanke ernst. „Wenn ich endlich wieder ins Theater gehen und endlich wieder spielen kann.“
Das nächste Wohnzimmerkonzert findet am 27. Februar statt. Dann melden sich Patrick Stanke und Chris Vega nach langer Pause mit „Stanke ohne Strom“ zurück. Weitere Konzerttermine, Infos und Tickets gibt es unter www.patrickstanke.de