Bat out of Hell: Opulenter Rock regiert in Oberhausen

Tarzans Dschungel ist weg. Keine Lianen, keine grün-bunte Pflanzenwelt, keine Affengeräusche mehr. Stattdessen erfüllt Motorenknattern den Saal des Metronom Theaters Oberhausen. Ein riesiges Gitternetz hängt über den Köpfen der Zuschauer. Ein großes Abflussrohr, Spiegelwände und ein 17 Meter hoher Turm erschaffen ein postapokalyptisches Manhattan. In dieser Kulisse spielt das Musical „Bat out of Hell“ von Jim Steinman, das gestern Abend seine Deutschlandpremiere in Oberhausen feierte und den Hits von Meat Loaf eine Bühne gibt.

Romeo und Julia im Jahr 2030

Schon bei ihrer Entstehung waren die Kompositionen von Jim Steinman für ein Musical gedacht. Doch aus der ursprünglichen Idee – einer Rock-Version von Peter Pan mit dem Titel „Neverland“ – wurde nichts. Stattdessen schrieben die Songs Musikgeschichte, das Album „Bat out of Hell“ wurde Kult, die beiden Folgealben ebenfalls. 40 Jahre später erzählen sie nun doch eine Geschichte auf der Musicalbühne: Eine Liebesgeschichte, die sich Paare wie Romeo und Julia zum Vorbild nimmt und auch auf Elemente aus Peter Pan zurückgreift:

Die Stadt Obsidian im Jahr 2030. Hier herrscht der Diktator Falco, der von einer Rebellengruppe aus dem Untergrund bekämpft wird. Die „Lost Boys“ sind Mutanten, die nach einem Chemieunfall nicht älter als 18 Jahre alt werden. Ihr unsterblicher Anführer Strat verliebt sich in Raven, die behütete Tochter des tyrannischen Herrschers. Eine Liebe, die auf so manche Widrigkeiten trifft und für die beide kämpfen müssen.

Die Musik ist der Star

Soweit, so bekannt. Die Story ist schnell erzählt –  und die Schwachstelle des 2017 uraufgeführten Musicals. Die Handlung ist dünn, die Dialoge sind flach, die Charaktere bleiben schablonenhaft. Stattdessen setzen die Macher auf die opulente Musik, die von der Band druckvoll und in bester Rockmanier interpretiert wird. Sie ist – auch in der deutschen Übersetzung – der Star der Inszenierung. An ihr richtet sich das Musical aus, das die Geschichte zudem mit einem fantastischen Bühnenbild und aufwändigen Effekten zur Nebensache werden lässt. Riesige Videoleinwände fangen das Bühnengeschehen effektvoll aus verschiedenen Blickwinkeln ein. Stroboskoplicht blitzt auf und Flammen schießen aus dem Boden, in den auch mal ein Cadillac versenkt wird. Ein Bühnen-Bombast, der – wahrscheinlich nicht jedermanns Geschmack – aber in so einem Ausmaß auf deutschen Bühnen wohl nur selten zu sehen ist.

Hörenswert

Sehens- und insbesondere hörenswert sind die Darsteller, allen voran Willemijn Verkaik als Ravens Mutter Sloane und Alex Melcher als Falco. Sie überzeugen mit unglaublicher Stimmpower und Leidenschaft. Energiegeladen und charismatisch wirbelt Robin Reitsma als Strat über die Bühne, während Sarah Kornfeld als Raven rotzig-frech gegen ihren goldenen Käfig im Falco Tower rebelliert. Warum sie sich dabei immer wieder  über den Boden wälzen muss, ist allerdings ein Rätsel. Gesanglich und darstellerisch in bester Erinnerung bleiben Aisata Blackmann als Zahara und Benet Monteiro als Jagwire, denen im recht überdreht wirkenden ersten Akt einer der leisen Momente der Show gehört (Fotos: Stage Entertainment).

Packendes Duett

Nach der Pause wird es düsterer. Es scheint, als nehme auch das Stück sich ernster. So enstehen Szenen, die ohne große Effekthascherei beeindrucken. Deutlich wird das, wenn die Lost Boys in Falcos Folterkeller mit „Im Rückspiegel  erschein´ die Dinge oft sehr viel größer als sie sind“ ihre Lebensgeschichten, Zweifel und Ängste schildern. Packend ist zudem das Duett  „Wo tut mir der Schmerz am meisten weh“, ein Song, der eigens für das Musical hinzugeschrieben wurde. Willemijn Verkaik und Alex Melcher verstehen es mit ihrer starken Interpretation, der Verzweiflung des unglücklichen Paares Ausdruck und ihren doch recht eindimensional gezeichneten Figuren eine gewisse Tiefe zu verleihen.

Zum Finale erklingt dann der von vielen Zuschauern lang herbeigesehnte Hit: Auch „I would do anything for love“ wird dabei – größtenteils – auf Deutsch gesungen und beschließt ein energiegeladenes Rock-Spektakel mit starkem Cast, bei dem Freunde opulenter Rockklänge und eindrucksvoller Effekte auf ihre Kosten kommen dürften.