Bühne backstage im Hagener Stadttheater

Theater passiert nicht nur auf der Bühne und im Zuschauerraum, sondern vor allem auch hinter der Bühne. Für das HA-Magazin konnte ich einen Blick hinter die Kulissen des Stadttheaters Hagen werfen. Und was es da so zu sehen und zu erleben gab, könnt Ihr jetzt auch hier lesen:

Die Solisten und der Chor singen „Happy“, die Zuschauer sind happy: Wenn der Pharrell Williams-Song und Soundtrack des Films „Ich – Einfach unverbesserlich 2“ durch das Theater Hagen klingt, dann läuft das große Finale des Publikumrenners „Von Babelsberg nach Hollywood“. Dann geht auf der Bühne eine 2,5 stündige Reise durch die Welt der Filmmusik zu Ende. Die Vorbereitungen für den reibungslosen Ablauf der Revue aber haben einige Stunden vorher begonnen.

Der richtige Ton

Die große Showtreppe steht schon. Auch die Plätze der rund 50 Orchestermitglieder sind aufgestellt – aber leer. Zwei Stunden vor Vorstellungsbeginn gehört die Bühne noch den Bühnentechnikern, Beleuchtern und Tontechnikern. „Begonnen haben die ersten Arbeiten aber bereits am Morgen“, erzählt Tontechniker Rolf Köppermann, während er Regler und Displays am Mischpult im Blick hat. Gerade läuft der Line-Check der Mikrofone. Mehr als 30 sind es an diesem Abend insgesamt. Und von jedem einzelnen müssen die Signale auch wirklich ankommen. Denn: kein Signal, kein Ton. Und auch, wenn alles vorbereitet, richtig programmiert und perfekt eingestellt ist – während der Vorstellung ist bei Rolf Köppermann und seinen Kollegen Konzentration gefordert. „Klang ist ja keine statische Sache. Und nicht jeder Sänger singt jede Show gleich. Da müssen wir während der Show natürlich nachjustieren“, erklärt der gebürtige Hagener.

Ein Einkaufswagen voller Boxhandschuhe

Auf der Bühne erklingt derweil ein lautes Kommando. Kurz darauf schießen vier Flammensäulen nach oben. Der Test der Pyrotechnik läuft. „Alles in Ordnung“. Silke Leue, Leiterin der Requisite, ist zufrieden und eilt weiter in ihr Reich. „Hier lagern wir quasi das Spielzeug der Sänger“, erklärt sie und lacht. Die Regale sind voll: Flaschen stehen neben Brillen. Plastikblumen liegen neben einer Taschenlampe, Gläser neben Handschuhen. Auf den ersten Blick ein einziges Chaos. So scheint es. Aber: „Hier hat jedes Stück sein Fach, jede Requisite ihren Platz“, so Leue. Hinzu kommen Dekorationen und Möbel, die während der Vorstellungen auch immer zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein müssen. Die Requisiten für die Revue sind das bereits. Martiniglas, Pistole, Pralinenschachtel, Clownsnase & Co. liegen bereit und auf dem Weg um die Bühne geht es an einem Einkaufswagen voller roter Boxhandschuhe vorbei, die später zum Einsatz kommen.

In der Maske

Noch eine Stunde bis zur Vorstellung. Tillmann Schnieders sitzt in der Maske. Bevor der Tenor als Conférencier durch die Revue führt, sorgt Arndt Slotta-Lanzendörfer für den passenden Look. Vier Darsteller schminkt der Solo-Maskenbildner pro Aufführung, zwanzig Minuten braucht er für Schnieders Bühnen-Make-up. Der Ablauf ist genau durchgetaktet, die Stimmung zwischen Pinsel-Paletten, Puder und Haarspray-Wolken konzentriert und doch entspannt. Ob es ein Stück gibt, bei dem das Bühnen-Make-up besonders Spaß macht? Eigentlich nicht. „Wir sind immer mit besonderer Freude dabei“, sagt Slotta-Lanzendörfer, während Aufrufe zum Soundcheck in die Maske dringen.

Sekundenschnelle Kostümwechsel

Die Bühne gleicht mittlerweile einem Bienenstock. Musiker stimmen ihre Instrumente. Der Soundcheck für Solisten läuft. Dirigentin Ana-Maria Dafova lässt den Chor einige Verse der Eröffnungsnummer „Sei hier Gast“ anstimmen und Alfonso Palencia, Trainingsleiter, Choreograph und ab der nächsten Spielzeit Ballettdirektor am Theater Hagen, geht mit Gast-Solistin Carina Sandhaus noch einmal kurz die wichtigsten Schritte durch. Ein Durcheinander ist es dabei lange nicht. Stattdessen ein professionelles Miteinander, bei dem jeder, ob Techniker, Ensemblemitglied oder Musiker, weiß, was er zu tun hat. Und wann. Wie bei einem Räderwerk greifen die einzelnen Bereiche ineinander. Dabei ist hinter und auf der Bühne die Freude an der Arbeit zu spüren. „Hier machen alle nicht nur ihren Job, sie sind mit Leidenschaft dabei“, bestätigt auch Marketingleiter Jürgen Pottebaum.

Vorhang auf!

Das Orchester spielt auf. Der Vorhang geht auf. Die Revue beginnt. Solisten, Chor und Orchester begrüßen die Zuschauer mit „Sei hier Gast“. Auf der Bühne folgt ein Streifzug durch die großen Filmhits, hinter der Bühne eine schnelle Abfolge an Requisiten- oder Kostümwechseln. Besonders viele davon hat Tillmann Schnieders während der Revue zu meistern: Insgesamt zwölf Mal wechselt der Solist und Moderator das Kostüm. Gerade noch elegant im Smoking, Sekunden später im Ringelshirt mit rotem Halstuch. Kurz darauf im Rocky Balboa-Outfit mit Kapuzensweater, um dann – wieder im schwarzen Anzug –  die Bühne mit den Solisten Hannes Staffler, Kenneth Mattice und Richard van Gemert sowie Tänzern des Hagener Balletts bei „I wanna be like you“ aus „Das Dschungelbuch“ in ein „Affentheater“ zu verwandeln. Möglich machen diese schnellen Umzüge Ankleiderinnen, die stets das passende Kostüm für alle Solisten parat halten und mit routinierten Handgriffen beim Outfit-Wechsel helfen. „Natürlich sind die Kostüme auch für schnelle Umzüge präpariert“, erklärt Ankleiderin Kirsten Fendsack, die am Theater Hagen ihren Traumberuf gefunden hat. „Ich würde nichts anderes machen wollen.“

Unter der Bühne

Sein Kostüm hat der jüngste Darsteller des Abends bereits an: Im Schlafanzug geht es für den achtjährigen Sami Seyhan auf die Bühne. Der Sohn der Hagener Mezzosopranistin Kristine Larissa Funkhauser hat bei der Hommage an die Heinz Rühmann-Filme seinen großen Auftritt. Und der beginnt auf der Unterbühne. Die Requisiten – Kinderbett und Xylophon – und auch Silke Leue stehen bereit. Sami klettert unter die Bettdecke. Die Requisiteurin schiebt das Bett auf die Versenkung.  Der Techniker gibt das OK. Die Versenkung gleitet nach oben und bringt Sami und Richard van Gemert, der beim Schlaflied „La Le Lu“ in die Rolle von Heinz Rühmann schlüpft, in Sekundenschnelle auf die Bühne. Ebenso schnell ist auch Silke Leue wieder unterwegs – zu ihrem nächsten Einsatzort.

Blickpunkt Brücke

Besonders ist auch der Einsatzort von Meinolf Frenzel. Der Beleuchter arbeitet auf der Brücke, in 15 Meter Höhe, umgeben von 64 Scheinwerfern, die das Geschehen auf der Bühne ins richtige Licht setzen. „Ausgerichtet werden die Scheinwerfer in den Beleuchtungsproben“, so Frenzel, der seit rund 31 Jahren am Hagener Theater arbeitet. Während der Vorstellung sind es die so genannten Verfolger, die er bewegt und mit deren Lichtkegeln er den Solisten Schritt für Schritt folgt – ob Carina Sandhaus auf der sonst dunklen Bühne bei „Moon River“ oder Marilyn Bennett beim glamourösen Auftritt mit „Le Jazz hot“ auf der Showtreppe. Die Brücke ist ein Logenplatz. Der Klang des Orchesters direkt unter einem ist voll und satt, die Perspektive spannend, die begeisterte Reaktion der Zuschauer im ausverkauften Haus deutlich zu hören. „Das Publikum ist gut drauf“, sagt Meinolf Frenzel und lächelt. Wie gut, zeigt sich beim großen Finale (Foto: © Theater Hagen). Dann, wenn „Happy“ und begeisterter Applaus durch das Theater klingen. Wer wissen möchte, wie die Revue auf der Bühne aussieht, findet hier den Trailer dazu.